• Impuls zum Sonntagsevangelium: Mt 21,1-11

    Da sitzt der unermüdliche Fußgänger Jesus, der sich die letzten drei Jahre die Hacken für das Rech Gottes abgelaufen hat, am Stadttor vor Jerusalem auf einem geliehenen Esel. Der Esel wird zum Symbol: Die Eselin weist zum einen zurück zum Propheten Sacharja im Alten Testament. 
    Jesus betritt auf einem Esel „die Höhle des Löwen“, den Sitz der mächtigen Vertreter der jüdischen Religionsführer, mit denen er mit seinen Worten und guten Taten stets auf Granit biss.
    Sein Einzug in Jerusalem ist dabei keine Dummheit (mit der man ja auch gerne einen Esel in Verbindung bringt).
    Der geliebte Sohn Gottes begibt sich auf seiner letzten Wegstrecke in die Rolle der Außenseiter und Verachteten, die er zuvor aufgerichtet hat. Ja, er selber wird in den Tod gehen, er, der zuvor Tote auferweckt hat.
    Für mich ist es so, dass er am Stadttor vor Jerusalem die Entscheidung trifft, am eigenen Leib alles zu durchleben, wofür er vorher immer eingestanden ist. Der Esel ist das klassische Lasttier. Der Esel steht für Gott, der trägt bis zum Äußersten.
    Jesus reitet auf einem Esel hinein nach Jerusalem, auf dem bis dato noch niemand gesessen hat. Der Esel steht für einen Ritt, den bisher noch niemand gewagt hat. Stimmen wir ein in den Ruf der Begleiter: „Hosanna, dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn.“
    Nehmen Sie sich bis Palmsonntag die Zeit, ihren persönlichen Palmzweig zu gestalten.

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent

     

  • Impuls zum 5. Fastensonntag: Joh 11,1-45

    Macht die Bibel sich nicht selber unglaubwürdig, wenn sie nicht von Wunderheilungen, sondern sogar von Totenerweckungen berichtet?
    Wenn es z. B. bei der Totenerweckung des Lazarus im 11. Kapitel des Johannesevangeliums nur um den Beweis ginge, ob Jesus Tote erweckt hat oder nicht, warum umfasst der Bericht dann 45 lange Verse?
    Fast wie in einem Kriminalfall sollte man Vers für Vers durchlesen, um vielleicht zu erahnen, was überhaupt erzählt und beschrieben wird.
    So sagt Marta im Vers 21 zu Jesus: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“ Marta und ihre Schwester Maria sind enge Vertraute Jesu und mit dem Wort Martas an Jesus zeigt sich ihr überaus großes Vertrauen in diesen Jesus, der ein Freund der Familie war und der in ihrem Haus oft Gast war.
    Die Möglichkeit, dass der verstorbene Bruder Lazarus scheintot war, fällt aus. Es wird explizit berichtet, dass der Leichnam schon riecht, weil er vier Tage tot ist.
    Beim genauen Hinschauen wird deutlich, dass es in der ganzen Erzählung nicht um die Frage geht, ob der tote Lazarus auf das Handeln Jesus wieder lebendig werden kann. Es geht grundsätzlich um die Frage nach Leben und Tod.
    Alle Indizien sprechen dafür, dass Jesus den Tod ganz anders sieht, wie wir alle denken. Wie ein fehlendes Stück in einer Beweiskette führt die Aussage Jesu im Vers 25 und 26 auf die entscheidende Tatsache (Spur).
    Jesus sagt zu Marta: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Und dann folgt die „Gretchenfrage“ an Marta: „Glaubst du das?“
    Die spätere Totenerweckung des Lazarus ist dann nur der Beweis oder besser gesagt der Vorgeschmack darauf, was der Tod für Jesus ist.
    Das Ganze gipfelt für mich in Vers 40, wo Jesus zu Marta sagt: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“
    Spätestens nach dem Betrachten der Erzählung des Sonntagsevangeliums ist die Bibel für mich kein Märchenbuch, sondern die spannendste mir bekannte Lektüre über mein eigenes Leben und Sterben.

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent

     

  • Impuls zum 4. Fastensonntag: Joh 9,1-41

    Jeder, der einen Film drehen will, braucht ein Drehbuch und jedes Laientheater sucht sich sein Spielstück aus, bevor es an die Arbeit geht. Aktuell wird z.B. in Schuld an der Ahr wieder ein Passionsspiel aufgeführt, in dem der Verräter Judas im Mittelpunkt steht. 
    Das Sonntagsevangelium bietet förmlich die ideale Vorlage für Film oder Theater. Für die Einen ist Jesus der Bösewicht. Aus seiner guten Tat, der Heilung eines Blindgeborenen, versucht man ihm einen Strick zu drehen. Der stadtbekannte, vormals blinde Bettler wird von den Einheimischen ausgestoßen. Und Jesus treibt die dramatische Erzählung mit seinem Abschlussstatement auf die Spitze: „Ich bin in diese Welt gekommen, damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. Der Evangelist Johannes schreibt zu Beginn des neunten Kapitels keine fiktive Vorlage für einen möglichen Film. Die Szene spielt in unser aller Leben. Fragen und Spannung garantiert. 

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent

     

  • Impuls zum 3. Fastensonntag: Joh 4,5-42

    „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht.“
    Um die Mittagszeit begegnen sich eine Frau aus Samarien und Jesus am Dorfbrunnen in Sychar. Beide treffen aufeinander, weil sie Durst haben. Was wie ein zufälliges Aufeinandertreffen beginnt, wird zu einem einschneidenden Erlebnis für beide. Am Brunnen sehen die Frau und Jesus tief in ihr eigenes Leben hinein.
    Ausgehend vom Wasser des Brunnens, geht es darum, was den Durst meines Lebens in Letzten wirklich stillen kann. In jedem Menschen verborgen ist eine Quelle angelegt. Diese Quelle wird durch Gott genährt. In ihr fließt das Wasser des Lebens, aus dem Ozean der Ewigkeit.
    Der Samariterin, die sich durch ihren Lebenswandel zur Außenseiterin gemacht hat, bietet Jesus ein neues Leben an. Dieser Frau, die in der Mittagshitze zum Brunnen kommt, um möglichst eine Aufeinandertreffen mit den Leuten aus ihrem Dorf aus dem Weg zu gehen, zeigt sich Jesus bis auf den Grund seines Seins aus Gott.
    Sie wird bei der Rückkehr in die Stadt zur Zeugin für Christus. Auf ihr Wort hin laufen die Leute zum Brunnen, um Jesus zu treffen. Die Begegnung hat Folgen. Im Vers 39 wird berichtet „Auf das Wort der Frau hin kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus.“
    Die Quelle des Lebens steht allen offen, die sich auf Gott einlassen. Beziehen wir den Satz Jesu an die Frau am Brunnen auf uns. „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent

     

  • Impuls zum 2. Fastensonntag: Mt 17,1-9

    Möchten Sie in die Zukunft sehen können?

    In der Stadt Istanbul erleben Outdoor-Läden einen riesigen Ansturm von Kunden. Zelte und Schlafsäcke sind dort aktuell gefragt, wie nie zuvor.

    Nach Auskunft von Fachleuten steht die Millionenstadt in den nächsten zehn Jahren vor einem weiteren möglichen Erdbeben in der Türkei.

    Petrus, Johannes und Jakobus hatten keine Schlafsäcke oder Zelte mitgenommen, als sie mit Jesus auf einen hohen Berg stiegen. Dabei wären sie doch am liebsten dort oben sesshaft geworden. Ein „inneres Beben“ brachte sie auf den Plan, auf dem Berg drei Hütten zu bauen. Sie wollten festhalten, was gerade passiert war. Ihr Freund und „Bergführer“ Jesus wurde vor ihren Augen verwandelt. Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß, wie das Licht. Die alttestamentlichen Helden Mose und der Prophet Elija tauchen auf und reden mit Jesus.

    Hier auf dem Gipfel des Berges öffnet sich sozusagen ein Fenster in die Zukunft. Im letzten Vers ermahnt Jesus seine Jünger „erzählt niemanden von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist“.

    Die weißen Kleider, das Angesicht Jesu wie die Sonne sind Vorboten der Auferstehung. Mose und Elia, das ganze alte Testament, sind Vorbereitung des neuen Testamentes. Jüngerinnen und Jünger heute brauchen keine Glaskugel, wenn es um Leben, Sterben und Auferstehung Jesu geht. Er ist der Christus, der Gesalbte.

    Und die Stimme aus der Wolke auf dem Berg ist eindeutig. „Dies ist mein geliebter Sohn, an den ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.“

    Ja, in Christus hat Gott uns seien Weg in der Welt und darüber hinaus offengelegt. Wir können uns das Leben bekanntlich nicht kaufen. Beziehen wir lieber die Worte Jesus an seine drei Begleiter, die sich zu Boden geworfen hatten, auf uns: „Steht auf und fürchtet euch nicht.“

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent

     

  • Impuls zum 1. Fastensonntag: Mt 4,1-11

    Der Aschermittwoch hat die Fastenzeit eingeläutet. Auch ohne einen kirchlichen Kalender steht uns die Passion vor Augen.

    Wir sehen Bilder von Leid und Zerstörung. Hunderttausende sind über Nacht auf das Notwendigste angewiesen. Vielen stehen ohne ihre Liebsten da.

    In dieser Situation wirkt die Aufforderung des Versuchers an Jesus in der Wüste in Mt 4,3 „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird.“ fast wie ein Hohn.
    Der Versucher stellt im Sonntagsevangelium die Machtfrage: „Wenn du Gottes Sohn bist, dann…“.
    Und Jesus rückt in seinen Antworten das Bild vom allmächtigen Gott, der nur „Schnipp“ machen muss, zurecht.

    In Wüstenerfahrungen stellt sich die Gottesfrage für jeden Menschen neu und existentiell.
    Wer ist dieser Gott und wo ist er jetzt, da ich ihn doch so nötig bräuchte? Die Antwort Jesu an den Versucher kommt nicht von Jesus selbst. Die Antwort Jesu auf die Brotfrage kommt aus der Schatzkammer des Glaubens.

    In der Schrift heißt es: „Der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von jedem Wort, dass aus Gottes Mund kommt.“ Dazu passt die weniger gebräuchliche Aufforderung beim Empfang des Aschenkreuzes: „Bekehre dich und glaube an das Evangelium.“

    Was mit Jesus in der Wüste seinen Anfang genommen hat, kann immer wieder neu beginnen.

    Friedhelm Wessling
    Gemeindereferent
     

  • Impuls zum Sonntagsevangelium: Mt 5, 38-48

    Die meisten Sitzungen der diesjährigen Karnevals-Kampagnen sind gehalten. Mit dem kommenden Wochenende geht die Fastnacht auf ihren Höhepunkt zu.

    Es ist gut, dass wir wieder in vollbesetzten Sälen zusammen kommen dürfen und noch schöner ist es, wenn wir von Herzen lachen können.

    Es gibt eine Lithographie des Künstlers Roland Litzenberger, die an die fünfte Jahreszeit angelehnt ist. In bunten Farben schaut uns der Kopf eines Clowns an. Beim näheren Hinsehen erkennen wir keine Narrenkappe, sondern wohl eine Dornenkrone. Verzweiflung und tiefe Traurigkeit sind den Augen des Clowns ins Gesicht geschrieben. Und der Titel des Kunstwerks sagt genau das aus, was auf dem Bild zu sehen ist: „Christus, der Narr“.

    Ja, hat sich Jesus nicht zum Narren gemacht, so wie er gelebt hat? Vers 5, 33 aus Matthäus bringt das Leben Jesu wohl gut auf den Punkt. „Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast.“

    Wie kann ein Mensch nur so verrückt sein und Anfang 30 sein Leben ganz auf Gott zu setzen. Die angedeutete Dornenkrone auf dem Haupt Christi wird ja erst nach dem leiblichen Tod zum Siegeskranz.

    Von Christen heute ist es nicht verlangt, den Weg Jesu zu gehen. Aber wir dürfen uns ruhig ein Stück weit zum Narren machen, weil wir anders handeln wie gewohnt.

    Setzen wir „Nadelstiche“ der Nächsten – und Gottesliebe. Ansonsten werden wir zu Recht innerlich ausgelacht.

    Friedhelm Wessling, Gemeindereferent

  • Impuls zum Sonntagsevangelium: Mt 5,38-45

    Wenn wir uns an den vorliegenden Bibeltext halten (würden), wäre der Krieg in der Ukraine und in der Welt morgen beendet. Armut und Hunger wären Fremdworte und jede Feindschaft beendet.

    In welcher Welt lebt der Evangelist Matthäus, wenn er seinen Mitchristen ins Stammbuch schreibt:
    „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand oder wenn euch einer vor Gericht bringen will, um euch das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel.“ Oder ganz einprägsam: „Liebt eure Feinde“.

    Auge um Auge und Zahn für Zahn war gestern. Welche Welt tut sich da für getaufte Christen (und für alle anderen wohl auch) auf?

    Was der Evangelist so klar formuliert, gründet in dem Lebenswerk Jesu Christi.

    Die ersten Christen haben in ihrem Verhalten das Beispiel Jesu vor Augen. Das ganze Neue Testament ist ein einziges Zeugnis für alternatives Leben aus der Kraft Gottes. Es geht dabei nicht um die Erfüllung höchster moralischer Werte oder Gebote. Wer es versucht, nach der Art Jesu zu leben, der gerät direkt an Gott.

    „Liebt eure Feinde, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“ heißt es im Vers 44
    An uns liegt es, dass der Himmel auf die Erde kommt. Was wäre unser Beitrag, auf den wir uns als Christen festnageln lassen?

    Mit jedem Handeln oder Nichthandeln bestimmen wir alle mit, in welcher Welt wir leben.

    Friedhelm Wessling, Gemeindereferent